- 27. Juni, 2022
- Lesezeit: ca. 10 Min.
- Tags: Digitalisierung, Fulfillment, Prozessoptimierung
Modernes Fulfillment ist schnell, flexibel – und es nutzt immer mehr digitale Prozesse, um seinen Kunden den bestmöglichen Service zu bieten. Aber was bedeutet das eigentlich in der Praxis?
Ausgerechnet in einer Branche, die aufgrund ihrer engen Zusammenarbeit mit dem E-Commerce seit jeher einen souveränen Umgang mit moderner Informationstechnologie pflegt, herrscht eine große Unsicherheit, wenn es um die Digitalisierung geht. Zu Unrecht, denn den ersten Schritt in die virtuelle Welt der Logistik 4.0 haben die meisten Fulfillment-Center längst umgesetzt – und alles, was danach kommt, ist konsequente Prozessoptimierung.
Lesen Sie in diesem Beitrag, was Digitalisierung im Fulfillment bedeutet und wie digitale Synergien dazu beitragen, Prozesse in der Auftragsabwicklung sowohl effizienter als auch entspannter zu gestalten.
Digitalisierung im Unternehmen – was bedeutet das überhaupt?
Im Grunde bezeichnet Digitalisierung nichts Anderes als den Einsatz moderner Softwarelösungen, um Prozesse im Unternehmensalltag zu optimieren. Dabei können einerseits bestehende Arbeitsabläufe digitalisiert und dadurch schneller, kostengünstiger und effizienter gestaltet werden. Andererseits kann zeitgemäße IT die bereits bestehenden Datenflüsse innerhalb eines Unternehmens nutzen, um neue, rein digitale Prozesse zu entwickeln.
Digitalisierung bereits etablierter Arbeitsabläufe
Die Grundstufe der Digitalisierung besteht darin, analoge Prozesse und Daten in digitale Form zu bringen. E-Mail-Marketing statt Werbebrief, digitales Lagermanagement über ein ERP-System, Onlinebanking statt manueller Lohnüberweisungen am Monatsende: All das sind Formen der Digitalisierung, die dazu beitragen, Routinetätigkeiten schneller und kostengünstiger umzusetzen.
Gerade im Fulfillment, das seit jeher eng mit dem E-Commerce und dessen schnell wechselnden technischen Rahmenbedingungen verflochten ist, sind viele Unternehmen in dieser Hinsicht bereits deutlich stärker aufgestellt als ihnen bewusst ist. Der Grund für diese Diskrepanz ist ein recht einfacher: Digitale Prozesse sind längst fester Bestandteil der Arbeit im Fulfillment-Center – und fühlen sich entsprechend alltäglich an.
Neben der Lagermanagement-, Lagerverwaltungs- und Warehousemanagementsoftware, die das organisatorische Herzstück der modernen Fulfillment-IT darstellen, sind dabei auch Softwarelösungen, die das Kommissionieren erleichtern, weitverbreitet. So haben etwa die meisten Fulfillment-Center schon vor Jahren das Verteilen der Picklisten an ihre Mitarbeiter sowie das Aktualisieren der eingelagerten Stückzahlen während des Kommissionierens digitalisiert – sei es durch MDE-Geräte, Tablets oder ein Pick-by-Vision-System.
Integration rein digitaler Strukturen
Ist die „übersetzende“ Grundstufe der Digitalisierung erst einmal gemeistert, können Unternehmen in einem zweiten, vertiefenden Schritt dazu übergehen, ihre digitalen Strukturen miteinander zu vernetzen. Dabei ermöglichen die nun bereits etablierten Datenströme vollkommen neue Synergien – sowohl in der Koordination der Arbeitsabläufe innerhalb eines Fulfillment-Centers als auch in Kundenkommunikation und Service.
Mit Blick auf die Lagerverwaltung könnte die zweite Stufe der Digitalisierung unter anderem die Einrichtung einer Softwareschnittstelle umfassen, die das Lagermanagement im Fulfillment-Center mit den Onlineshops der Kunden verbindet. Über diese rein virtuelle Shopanbindung können nun auf einen Klick automatisierte Prozesse ablaufen, die analog kaum oder nur mit enormem Aufwand möglich gewesen wären.
Entnimmt ein Mitarbeiter während des Kommissionierens einen Artikel aus dem Lager, ändert sich beispielsweise nicht nur der Lagerbestand im Fulfillment-Center: Auch der Onlineshop des Kunden wird in Echtzeit aktualisiert. Das hat wiederum zur Folge, dass ausverkaufte Artikel ohne Verzögerung aus dem Angebot verschwinden – was das Risiko, dass mehr Produkte verkauft werden als tatsächlich am Lager liegen, deutlich reduziert.
Synergie nach innen, flexible Skalierung nach außen:
Zeitgemäße IT im Fulfillment
Um die Digitalisierung im Fulfillment effektiv voranzubringen, braucht es Softwarelösungen, die einen ebenso sicheren wie zuverlässigen Datenfluss gewährleisten. Aus diesem Grund stehen den sogenannten Insellösungen in der IT heute Softwarekomplettlösungen entgegen: Der Gedanke dabei ist, dass eine einzige beziehungsweise wenige große Softwarelösungen kostentechnisch überschaubarer für viele Unternehmen sind. Auf der anderen Seite sind diese Lösungen aber häufig nicht so individuell auf ein Business abgestimmt, wie es durch kleinere Insellösungen möglich ist. Die Lösung zur Erreichung optimaler Synergien, die moderne Workflows auszeichnen, ist deswegen der Einsatz von Middleware.
IT-Experten setzen diese Lösung ein, da sie, wie die Bezeichnung Middleware es bereits andeutet, zwischen diversen Systemen vermitteln. Dies geschieht, indem sie den sicheren Austausch von Daten ermöglichen und bei Bedarf auch zwischen den unterschiedlichen Datenformaten übersetzen.
So werden die einzelnen, individuellen Insellösungen effektiv miteinander vernetzt – was in der Praxis bedeutet, dass die übermittelten Informationen schneller verfügbar und obendrein auch zuverlässiger sind, da der manuelle Abgleich von Listen und das damit einhergehende Fehlerpotenzial nahezu vollständig entfallen.
Gleichzeitig sind Unternehmen, die eine Kombination aus einzelnen Softwarekomponenten nutzen, die durch Middleware verknüpft werden, weniger anfällig für Ausfälle ihrer Softwareanbieter. Bricht hier ein einzelnes System weg, kann dies in der Regel problemlos kompensiert werden. Anders sieht es bei der Nutzung großer Kompaktlösungen aus. Gibt es hier einen Ausfall, leiden Unternehmer häufig an den Konsequenzen.
Typischerweise kommt schon heute überall dort Middleware zum Einsatz, wo Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen eines Fulfillment-Unternehmens Zugriff auf ein- und dasselbe Lagermanagementsystem benötigen. Sind die Softwarelösungen der jeweiligen Abteilungen mit der zentralen Lagerdatenbank verbunden, kann sich etwa ein Kommissionierer über sein Tablet den Standort eines Artikels auf seiner Pickliste anzeigen lassen, während ein Buchhalter für die Rechnungsstellung auf einen Klick die gelagerten, versandten und retournierten Stückzahlen der jeweiligen Produkte abruft.
Ein darauf aufbauender, vertiefender Digitalisierungsschritt könnte nun darin bestehen, dieselben Datenflüsse auch für die effizientere Zusammenarbeit mit Kunden zu nutzen. So ermöglicht etwa die Anbindung von Onlineshops an ein zentrales Lagermanagementsystem transparente Prozesse im Fulfillment: Durch die Echtzeit-Aktualisierungen wissen die Händler jederzeit, auf welchem Stand eine Bestellung ist, wo eine Lieferung sich aktuell befindet, wie es um den Lagerbestand steht oder welchen Bearbeitungsstatus eine Retoure hat. Das stärkt nicht nur die Vertrauensbasis in der Zusammenarbeit zwischen Onlinehändlern und ihren Logistik-Partnern, sondern erleichtert auch die Planung von Nachbestellungen und Lieferungen ins Lager.
Der richtige Ansatzpunkt für die Digitalisierung im Fulfillment
Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung wird die Digitalisierung bis ins Jahr 2040 sowohl die Auftragsabwicklung als auch Logistikprozesse enorm verbessern. Einen der wichtigsten Gründe dafür sehen die Experten in den immer effizienteren Datenströmen, die ungeahntes Potenzial für die Prozessoptimierung bieten. Um diese Chance in den kommenden Jahrzehnten zu nutzen, ist es allerdings unerlässlich, die Digitalisierung schon heute so rasch wie möglich voranzutreiben.
Für eine frische Perspektive auf vertraute Strukturen lohnt es sich daher, die Prozesse im Fulfillment-Center gemeinsam mit dem IT-Partner Ihres Vertrauens einem grundlegenden Digitalisierungs-Audit zu unterziehen: Welche Prozesse lassen sich aus dem Analogen ins Digitale übersetzen – und wie können Sie die bereits eingerichteten Systeme zu einem starken Informationsnetzwerk zusammenschließen?
Die Antworten auf diese Fragen erweisen sich oftmals als überraschend einfach - insbesondere im Fulfillment, das schon seit Jahrzehnten verschiedenste digitale Softwarelösungen nutzt, um die Auftragsabwicklung zu optimieren. Ein Vorsprung, den es nun zu nutzen gilt, um starke Systeme zu noch stärkeren Informationsnetzwerken zu verbinden.
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