Lieferungen in die Schweiz – Schwierigkeiten und ihre Lösungen

Mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 86.000 US-Dollar pro Kopf gilt die Schweiz als eine der wirtschaftlich stärksten Nationen Europas. Zum Vergleich: Deutschland brachte es 2020 lediglich auf bescheidene 48.000 US-Dollar pro Einwohner.

Bei den Eidgenossen handelt es sich außerdem um eines der kauffreudigsten Völker des Kontinents. Dennoch stoßen zahlreiche Onlinehändler und mit ihnen ihre Fulfillment-Partner häufig an ihre Grenzen, wenn es um Exportgeschäfte in die Alpenrepublik geht.

Warum das so ist und wie es Ihnen dennoch gelingen kann, einen erfolgreichen Handel mit unserem südlichen Nachbarn aufzubauen, erläutern wir Ihnen in diesem Beitrag. Rede und Antwort steht uns dabei Julius Komp, Geschäftsführer von exporto, ein Unternehmen, das sich als Partner für Händler und Fulfillment-Dienstleister auf das Geschäft mit der Schweiz spezialisiert hat.

Warum Fulfiller die Schweiz in ihrem Portfolio haben sollten

Lohnt sich der Handel mit der Schweiz tatsächlich? Immerhin leben dort „nur“ 8 Millionen Menschen, also in etwa so viele, wie in Niedersachsen. Komp antwortet dazu: „Die Schweiz ist einer der attraktivsten Marktplätze Europas. Jeder Händler und Fulfiller sollte sie unbedingt auf dem Zettel haben.“

Die Gründe dafür zählt er folgendermaßen auf:

#1 Hohe Kaufkraft

Die Durchschnittskaufkraft pro Person in der Schweiz liegt bei rund 40.000 Euro. In Deutschland beträgt diese lediglich 24.000 Euro.

#2 Keine Konkurrenz durch die „Großen“

Onlineriesen wie Amazon oder Alibaba ist es immer noch nicht gelungen, in der Eidgenossenschaft Fuß zu fassen. Schweizer sind es also gewohnt, sich direkt im Shop eines Händlers umzusehen und dort zu bestellen. Davon profitieren auch die jeweiligen Fulfillment-Partner.

#3 Geringe Retourenquote

Schweizer tauschen nicht gerne um. Zum einen, weil sich die zeitliche Investition aufgrund der höheren Einkommen oft nicht lohnt. Zum anderen ist die Ausfuhr von Waren aus der Schweiz mindestens so kompliziert wie ihre Einfuhr und die dazugehörigen Bestimmungen. Anstatt sich mit Formalitäten und Bürokratie zu beschäftigen, schreiben viele Schweizer einen Fehlkauf daher lieber ab.

#4 Deutschsprachiger Markt

Viele Schweizer sprechen Deutsch oder Englisch. Für Händler bedeutet das, dass Marketingmaßnahmen, Social-Media-Auftritte oder ein Shop nicht erst umständlich übersetzt werden müssen. Für Fulfiller heißt es, dass barrierefrei mit den zuständigen Stellen kommuniziert werden kann, sollte es einmal zu Schwierigkeiten kommen.

#5 Alleinstellungsmerkmal für Fulfillment-Dienstleister

Zahlreiche Fulfillment-Anbieter schrecken vor dem Geschäft mit der Schweiz immer noch zurück und winken schnell ab, wenn ein Händler eine entsprechende Anfrage stellt. Wenn Sie den Alpenhandel also in Ihrem Angebot führen, heben Sie sich damit deutlich von zahlreichen Marktbegleitern ab.

Seecontainer Durch gute Organisation lässt sich der Schweizer Markt erschließen

Wenn die Schweiz ein derart lohnender Markt ist, stellt sich natürlich sofort die Frage, warum sich so viele Händler immer noch dagegen sträuben, ihre Waren dort anzubieten.

„Trotz ihrer zentralen Lage im Herzen Europas ist die Schweiz für Händler nicht ohne Umwege zu erreichen, denn die Gütereinfuhr wird durch gewisse Bestimmungen stark reguliert, sodass sich das Geschäft für unerfahrene Händler und Fulfiller häufig nicht lohnt“, erklärt Julius Komp.

Die größten Hemmnisse – und deren Lösungen – sind laut unserem Experten:

#1 Warenbegleitpapiere richtig ausfüllen

Jedes Paket, beziehungsweise Päckchen muss sowohl mit einer amtlichen Zollinhaltserklärung wie auch einer Handelsrechnung versehen werden, die in einer Klarsichthülle außen an der Sendung befestigt wird.

Schwierigkeiten macht dabei primär die Zollinhaltserklärung, denn auf dieser müssen nicht nur Standardinformationen vermerkt werden. Vielmehr ist es nötig, den genauen Inhalt des Paketes neben Zolltarifnummer nach dem aktuellen Handelsgesetz anzugeben. Dass die Schweiz dabei etwa zwischen einem T-Shirt aus Baumwolle und einem T-Shirt aus Polyester unterscheidet, macht das korrekte Ausfüllen kompliziert.

Eine Lösung für Fulfiller: Im Onlineportal des Zolls lassen sich sämtliche Anmeldungen elektronisch abwickeln. Hier bekommen Sie bei Bedarf auch Unterstützung vom Support.

#2 Zollgebühren in der Schweiz

Als einziges Land der Welt erhebt die Schweiz ihre Zollgebühren nach dem Gewicht einer Sendung – für jedes Kilogramm Versandgewicht werden ungefähr 50 Rappen fällig. Für alle Lieferungen, die dabei unter einem Zollbetrag von fünf Franken (also unter 10 KG Paketgewicht) bleiben, entfällt diese Gebühr allerdings.

Die Lösung für Fulfiller: Um möglichst geringe Zollgebühren zu bezahlen, gibt es einen einfachen Trick: Melden Sie ihre Lieferungen nicht als eine einzige große Sendung an, sondern immer einzeln. Denn würden Sie sämtliche Waren als einen Posten deklarieren, gälte für den Zoll auch dessen Gesamtgewicht und nicht das Gewicht eines jeden Paketes.

Da die wenigsten Warensendungen die Marke von zehn Kilogramm knacken, kommen Sie so meist zollfrei davon, müssen auf der anderen Seite aber wesentlich mehr Zeit in die Warenanmeldung investieren.

#3 Steuern bei Lieferungen in die Schweiz

Die Mehrwertsteuer beträgt in der Schweiz lediglich 7,7 Prozent und da der Export in Drittländer in Deutschland nicht als umsatzsteuerbar gilt, unterliegen Geschäfte mit der Schweiz nicht unserem Steuersatz von 19 Prozent. Aber: die Ausfuhr der Güter muss belegt werden.

Die Lösung für Fulfiller: Zugegeben, Sie profitieren von dem niedrigeren Steuersatz nicht, ihre Kunden allerdings werden sich über den höheren Gewinn freuen. Ergo stellt es einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorteil dar, die notwendigen Dokumente für Ihre Partner bereitzuhalten.

Das ist zum Glück gar nicht schwer: Die meisten Logistikanbieter stellen ihren Kunden die sogenannten Ausfuhrbescheinigungen für Umsatzsteuerzwecke gerne zur Verfügung. Sie müssen diese Unterlagen dann nur noch sammeln, sortieren und Ihren Kunden zukommen lassen.

#4 Lieferzeiten und Sendeverfolgung

Bis in die Schweiz ist es nicht weit und verkehrstechnisch ist sie gut an Deutschland und die Nachbarländer angebunden. Außerdem ist die Verfolgung eines LKWs per GPS dort ebenso möglich, wie in Deutschland.

Durch die Zollbestimmungen kann es allerdings vorkommen, dass ein Paket für eine Weile in der Zollabfertigung bleibt und sich dadurch der erwartete Liefertermin nach hinten verschiebt.

Die Lösung für Fulfiller: Erklären Sie Ihren Partnern von Anfang an, dass eine Lieferung in die Schweiz in der Regel nicht viel länger dauert als eine nach Spanien, es dank Zoll und bürokratischer Hürden aber immer wieder zu unvorhergesehenen Lieferverzögerungen kommen kann.

#5 Portogebühren für Lieferungen in die Schweiz verhandeln

Eigentlich kosten Sendungen in die Schweiz nicht viel mehr, als in andere europäische Nachbarländer. Außer wenn es beim Zoll zu Problemen kommt und Strafgebühren fällig werden, die teilweise bis zu 50 Prozent des Warenwertes betragen können.

Um auf diesen Kosten nicht sitzenzubleiben, heben viele Versanddienstleister die Portogebühren daher pauschal an und gleichen ihre Verluste so im Mittel aus. Nur einige wenige machen sich die Mühe, bei Strafzöllen mit ihren Kunden in Kontakt zu treten und diese separat abzurechnen.

Die Lösung für Fulfiller: Um die besten Konditionen beim Versand zu nutzen, hilft Vergleichen und Verhandeln. Wenn Sie seit Jahren vertrauensvoll mit dem gleichen Logistiker zusammenarbeiten, lässt sich dieser vielleicht auf ein günstigeres Porto ein. Falls nicht, lohnt sich mitunter ein separater Vertrag mit einem anderen Anbieter allein für Lieferungen in die Schweiz.

#6 Retouren aus der Schweiz organisieren

Zwar ist die Umtauschrate in der Schweiz eher selten, dennoch kommt es hin und wieder vor, dass ein Kunde seine Ware umtauschen möchte. Auch für die Rückreise einer Sendung werden Zolldokumente benötigt, die in der Regel vom Endkunden ausgefüllt werden müssen. So kann es mitunter vorkommen, dass die DHL bei Ihnen vor der Türe steht und von Ihrem Pförtner 12,95 Euro Nachzahlung verlangt, bevor der Spediteur das Päckchen an Sie übergibt.

Die Lösung für Fulfiller: Eine einfache Lösung existiert für dieses Problem leider nicht. Entweder, Sie sind bereit, die Kosten zu bezahlen, oder Sie eröffnen eine Dependance in der Schweiz, die von dort aus alle Formalitäten übernimmt.

High Five zwischen Geschäftspartnern Mit dem richtigen Partner fällt der Handel in die Schweiz noch leichter

Der Handel mit der Schweiz kann für Fulfillment-Anbieter ein lohnendes Geschäftsfeld sein, auf dem die Anzahl der Wettbewerber immer noch überschaubar ist. Gleichzeitig werden die Hürden durch die Zollbeamten der Alpenrepublik nicht gerade niedrig angesetzt und halten manche Fußangel bereit.

Liebäugeln Sie jetzt mit dem Handel in der Eidgenossenschaft, erscheint Ihnen das Risiko und der Aufwand aber zu groß, bleibt zum Glück immer noch die Möglichkeit, auf einen Experten als Partner zu setzen. Dazu Julius Komp:

„Zu unseren Kunden gehören nicht nur Händler. Auch für Fulfillment-Dienstleister übernehmen wir den gesamten Handel mit der Schweiz und nehmen ihnen von den Zolldokumenten bis zur Retoure gerne alle Aufgaben ab.“

Wenn Sie nicht sicher sind, wie Sie die Anbindung zwischen Ihrem Fulfillment Unternehmen und exporto realisieren können, beraten und unterstützen wir Sie gerne bei der Anbindung. Kontaktieren Sie dazu einfach uns, Ihren Schnittstellen-Concierge.

Wenn Sie jetzt noch bedenken, dass Ihnen dank des Brexit bei Geschäften mit Großbritannien ganz ähnliche Herausforderungen ins Haus stehen, wird die Outsourcing-Option, gleich doppelt attraktiv.


Titelbild von Daniel Cox. Weitere Bilder von Paul Teysen und krakenimages.