- 8. Januar, 2024
- Lesezeit: ca. 5 Min.
- Tags: eCommerze, Logistikoptimierung, Middleware
Jeder, der schon einmal ein MS-Word-Dokument in einem alternativen Programm geöffnet hat, kennt das Problem: Texte werden falsch formatiert, Sonderzeichen inkorrekt dargestellt und Grafiken verrutschen an die unmöglichsten Stellen. Ursache dieses Problems sind die verschiedenen Dateiformate. Jede Software spricht eine andere Sprache und interpretiert Code unterschiedlich.
Was in einem Textdokument nur lästig ist, kann bei komplexeren Datentypen, wie im Informationsaustausch zwischen einem Unternehmen, seinen Logistik- oder Fulfillment-Partnern und seinen Endkunden, schnell zu Problemen führen. Mit intelligenten Schnittstellen kann dies jedoch elegant umschifft werden. Denn Middleware interpretiert und übersetzt die unterschiedlichen Datentypen und stellt sie allen Stakeholdern für ihr Softwaresystem zur Verfügung.
Über Vorteile und Anwendungsfälle für Schnittstellen im E-Commerce haben wir daher mit Martin Stoll gesprochen, als CEO/Inhaber des Beratungs-/Planungshauses PROLOG-TEAM, berät er Shops, Logistiker und Industrie-/Handels- und Kommunalunternehmen bei der Implementierung eigener Schnittstellenlösung. Er verrät, für wen es sich lohnt, über Middleware nachzudenken und worauf Händler sowie Logistiker achten sollten.
Unternehmensgröße: Eignet sich Middleware für jeden?
Bevor wir näher in das Thema eintauchen, stellt sich zunächst die Frage, für welche Unternehmen sich die Implementierung einer Schnittstelle überhaupt rentiert. Profitieren lediglich die global agierenden Big Player oder bereits kleinere Start-ups? Stoll sagt dazu:
„Händler, egal ob stationär oder online, verdienen ihr Geld mit dem Verkauf. Es ist daher äußerst fragwürdig, ob es sich lohnt, beim Zulieferer in Dänemark anzurufen, eine Bestellung aufzugeben, dann ein Fax oder E-Mail zu bekommen und anschließend die Daten zu kontrollieren.
Diese Zeit ist wesentlich besser in die Kundenberatung, das Marketing oder die Produktpräsentation investiert. Kleine Neugründungen mit zwei Bestellungen am Tag können sämtliche Aufgaben zwar noch händisch erledigen, jeder ernsthafte Händler allerdings profitiert zügig von einer digitalen Lösung.“
Genauso verhält es sich laut Stoll aufseiten der Logistiker: Aufgrund der zahlreichen Shopsysteme, der sich immer weiter diversifizierenden Marktplätzen und den stark steigenden Ansprüchen der Kunden, werden die Vorzüge einer perfekt abgestimmten digitalen Kommunikation schnell sichtbar.
Umsatzplus und mehr: Welche Vorteile eine Schnittstelle für Onlineshops mit sich bringt
Es scheint kaum einen Onlineshop und erst recht keinen Logistiker zu geben, der nicht zumindest einmal über eine Middleware nachdenken sollte. Werden wir daher konkreter: Welche Nutzen ziehen Sie und Ihr Unternehmen aus einer Schnittstellenlösung?
Laut Stoll primär die folgenden:
Zeitersparnis durch Schnittstellen im Onlineshop
Nirgendwo gilt die alte Weisheit, dass Zeit mit Geld gleichzusetzen sei, so sehr, wie im Onlinehandel. Wer hier Zeit damit verbringt, ein Fax zu verschicken oder eine Tabelle von Hand abzutippen, macht sich das Leben unnötig schwer.
Digitale Lösungen, die mit einer Vielzahl an Softwaresystemen kommunizieren können und zahlreiche Prozesse automatisieren, verschaffen den nötigen Spielraum, um sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren.
Fehlervermeidung durch clevere Algorithmen
Der Faktor Mensch ist in Geschäftsprozessen nach wie vor die größte Fehlerquelle. Ganze Containerladungen sind bereits verloren gegangen, weil jemand nicht bedacht hat, dass in Frankreich zuerst die Hausnummer genannt wird und danach die Straße.
Softwaresysteme verhindern solche und ähnliche Vorfälle. Sie gleichen Liefer- oder Adressdaten automatisch ab, erkennen falsche Eingaben und informieren die Anwender bei Zahlendrehern oder anderen inkorrekten Informationen.
Verkürzte Time to Market
Wer eine Geschäftsidee hat, möchte mit ihrer Realisierung nicht monatelang warten. Zu groß sind inzwischen Konkurrenzdruck und die Gefahr, dass jemand anderes das gleiche Projekt auf der gegenüberliegenden Seite des Globus zuerst umsetzt.
Durch Schnittstellen lassen sich sowohl auf Seite von Onlinehändlern wie auch auf Logistikerseite alle relevanten Systeme, von der Warenwirtschaft bis zum Lager, wesentlich schneller anbinden und freischalten. Was früher noch Wochen gedauert hat, kann so innerhalb von Tagen oder Stunden verwirklicht werden.
Verbesserte Responsiveness
Immer wieder wird es im Geschäftsalltag zu Situationen kommen, bei denen die Einhaltung von Terminen und Fristen absolut essenziell sind. Steckt der LKW dann im Stau oder der Frachter in der Quarantäne, heißt es schnell zu kommunizieren. Ansonsten drohen unzufriedene Kunden, Ansehensverlust oder Verzugsstrafen.
Wohl dem, der schnell und einfach alle wichtigen Informationen via Track and Trace bzw. per IOT-Lösungen digital übermitteln kann. Schnittstellen machen es möglich.
Risikominimierung bei Wissensverlust
In zahlreichen Unternehmen hängt der Erfolg an wenigen Mitarbeitern. Allein sie sind bestens vertraut mit internen Abläufen, können bei Problemen schnell eingreifen und haben über die Jahre ihre eigenen Methoden entwickelt, die Dinge am Laufen zu halten.
Standardisierte Softwarelösungen mittels Schnittstellenanbindung beugen diesem Problem vor. Neue Kollegen können schnell eingearbeitet werden, Prozesse bleiben übersichtlich, transparent, skalierbar und kostengünstiger, auch bei Ausfall von Schlüsselpersonal läuft alles wie immer.
Mitarbeiterentlastung durch E-Commerce Middleware
Das händische Bearbeiten von Lieferscheinen oder die Beantwortung dutzender E-Mails mit einem Standardformular, kann mit Middleware schneller und effizienter bewältigt werden.
Sie sorgt durch die zahlreichen Möglichkeiten der Automatisierung für eine deutliche Entlastung. Mitarbeiter können sich wieder verstärkt ihren eigentlichen Aufgaben widmen und verbrennen nicht unnötig Zeit und Motivation für Tätigkeiten, die eine Software viel schneller erledigt.
Logistikoptimierung im Onlinehandel: Worauf Sie achten sollten
„Wie bei allen Geschäftsprozessen ist die Einführung einer Schnittstelle natürlich eine Kosten-Nutzen-Frage. Das System muss sich mit der Zeit amortisieren.
Händler sollten daher zunächst auf die Skalierbarkeit achten; die Software muss mit dem Geschäft mitwachsen. Ideal ist es, wenn unterschiedliche Funktionen erst bei Bedarf hinzugefügt werden können. Was nutzt Ihnen die Technik für den Überseehandel, wenn Ihre Kundschaft sich momentan nur auf die Region beschränkt?
Weiterhin rate ich dazu, auf eine Lösung zu setzen, die autarkes Handeln ermöglicht. Sämtliche geschäftsrelevanten Einstellungen und Modifizierungen sollte der Händler selbst vornehmen können. Beratung und Betreuung durch externe IT-Experten ist gut. Sich in eine akute Abhängigkeit zu begeben, zieht allerdings immer unnötige Kosten nach sich.
Auf Seiten der Logistiker wiederum sind Standardisierung und Kompatibilität die wichtigsten Argumente. Es existieren zahlreiche unterschiedliche Shopsysteme, die alle gleichermaßen genutzt werden. Deshalb ist es wichtig, möglichst jedes einzelne von ihnen anbinden und uniform darstellen zu können. Das bringt nicht nur einen großen Wettbewerbsvorteil mit sich, sondern erspart langfristig auch unnötige Investitionen.“
Zeit für Ihre Schnittstelle
Dem digitalen Austausch im Onlinehandel gehört also die Zukunft. Zu zahlreich sind die Vorteile, zu groß die Risiken, um sich nicht mit der Thematik auseinanderzusetzen. Das sieht auch unser Experte Martin Stoll so:
„Ich kann jedem Unternehmen nur raten, auf reibungslose digitale Prozesse zwischen ihm, seinen Kunden und seinen Partnern zu setzen. Wer heute noch mit Excel-Tabellen hantiert, verspielt morgen alle Vorteile.“
Titelbild von CHUTTERSNAP. Weitere Bilder von NeONBRAND und Emma Dau.