- 4. Oktober, 2022
- Lesezeit: ca. 8 Min.
- Tags: Automatisierung, Prozesse, Optimierung
Die Automatisierung von Prozessen im Unternehmen ist zwar kein neues Thema, doch eröffnet sie vor dem Hintergrund der Digitalisierung ungeahnte Möglichkeiten. Nie zuvor waren technische Lösungen im Arbeitsalltag so präsent wie heute – und nie zuvor mussten sich Unternehmer so gründlich damit auseinandersetzen, welche Workflows überhaupt noch menschliche Arbeitskraft erfordern.
Lesen Sie hier, was die Automatisierung von Prozessen im Unternehmen bedeutet, in welcher Beziehung sie zur Digitalisierung steht – und warum Business-Automation zu den wichtigsten Wachstumsfaktoren zählt.
Was bedeutet Automatisierung? - Eine Definition
"Kurz gesagt bedeutet Automatisierung, dass die menschliche Arbeitskraft schrittweise durch maschinelle Prozesse ersetzt wird", erklärt Dr. Kai-Ingo Voigt. Seit 1998 forscht und unterrichtet er an der Universität Erlangen Nürnberg als Professor für Industrielles Management. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählt dabei neben Technologie- und Ideenmanagement auch die Industrie 4.0 – und die damit einhergehende Automatisierung.
"Wobei es wichtig ist, zu bedenken, dass Automatisierung kein neues Phänomen ist", merkt er an. "Im Gegenteil: Der Einsatz von Maschinen ist seit jeher eine der treibenden Kräfte hinter der Entwicklung der Industrie." Eine Entwicklung, die um das Jahr 1800 Fahrt aufzunehmen begann. Die erste industrielle Revolution markiert den Übergang vom Handwerk, das jeden Auftrag individuell bearbeitet, zur Massenproduktion.
Die Maschinen, die diesen Schritt ermöglichten – unter anderem Spinnmaschinen und industrielle Webstühle – wurden zu Beginn allerdings noch mit reiner Muskelkraft und später teils mit Dampfmaschinen betrieben. Erst die Elektrifizierung der Maschinen und der damit verbundene Übergang in die Industrie 2.0 brachten den Stein richtig ins Rollen und legten den Grundstein für die zunehmende Verflechtung von Automatisierung und Digitalisierung.
Automatisierung vs. Digitalisierung: Der feine Unterschied
Digitalisierung bedeutet, dass Softwarelösungen zum Einsatz kommen, um einen analogen Arbeitsschritt entweder durch einen digitalen zu ersetzen oder die Prozesse durch zusätzliche digitale Funktionen zu optimieren. Das kann Automatisierung bedeuten, muss es aber nicht. Zum einen ermöglicht die Digitalisierung vollkommen neue Abläufe. Kommen diese von Anfang an ohne menschliche Arbeitskraft aus, handelt es sich zwar um einen automatischen Workflow, aber der Schritt der Umwandlung – die Automatisierung im strengen Wortsinne – wurde dabei einfach übersprungen.
Lesetipp:
Der Begriff der Digitalisierung ist in aller Munde, doch was hat es damit auf sich und wie können Fulfillment-Anbieter von digitalisierten Prozessen profitieren? Lesen Sie hierzu gerne unseren Beitrag:
"Keine Ahnung von Digitalisierung? So gelingt der Einstieg ins Fulfillment 4.0"
Zum anderen ermöglicht der Einsatz neuer Maschinen bis heute auch analoge Formen der Automatisierung. Schafft zum Beispiel ein Fulfillment-Center ein Förderband an, um fertig verpackte Sendungen zu transportieren, ersetzt das die menschliche Arbeitskraft der Mitarbeiter, die bislang die Aufgabe hatten, die Pakete zum Sammelpunkt für die Abholung zu befördern. "Allerdings geht der Trend schon seit den 1970er Jahren dahin, digitale Technologien zur Steuerung von Maschinen zu nutzen. Unternehmen, die heutzutage neue Technik anschaffen, treiben damit in den allermeisten Fällen auch die Digitalisierung ihrer Arbeitsabläufe voran", beobachtet Dr. Voigt.
"Hinzu kommt, dass wir uns aktuell an der Schwelle zur Industrie 4.0 befinden, die sich die rasanten Fortschritte im Bereich der Informationstechnologie in zweifacher Hinsicht zunutze macht. Erstens werden in der Industrie nicht mehr nur die ausführenden Tätigkeiten digitalisiert – das war das zentrale Merkmal der Industrie 3.0 –, sondern auch immer mehr planende und steuernde Tätigkeiten. Und zweitens verlagern sich die Datenströme zunehmend in die Cloud, die vollkommen neue Wege eröffnet, um Objekte und Prozesse miteinander zu vernetzen."
Von zentraler Bedeutung für diese Entwicklung sind die digitalen Schnittstellen, die den Datenaustausch zwischen unterschiedlichen Systemen ermöglichen – beispielsweise zwischen einem Onlineshop und der Lagermanagementsoftware eines Fulfillment-Centers. So entstehen plattformübergreifende, automatisierte Workflows, die sowohl die Zusammenarbeit einzelner Abteilungen innerhalb ein- und desselben Unternehmens als auch die Kooperation mit Partnerunternehmen oder Kunden effektiver gestalten.
Welche Ziele verfolgt Business Automation?
Obwohl sie menschliche Arbeitskraft durch maschinelle Prozesse ersetzt, zielt die Automatisierung keineswegs darauf ab, den Menschen aus der Arbeitswelt zu verdrängen. In erster Linie dient sie dazu, das Potenzial eines Unternehmens optimal auszuschöpfen – und das nicht nur unter ökonomischen Gesichtspunkten. "Selbstverständlich sind Kosteneinsparung und Qualitätssteigerung durch den Einsatz von Maschinen wichtige und auch vollkommen berechtigte Kalküle: Immerhin sichern sie den Fortbestand des Unternehmens. Doch das nachhaltige Wachstum, auf das sich die Wirtschaft heute immer bewusster ausrichtet, reicht darüber weit hinaus."
Um aufzuzeigen, was eine zeitgemäße Automatisierungsstrategie ausmacht, bedient sich Dr. Voigt des sogenannten Drei-Säulen-Modells der Nachhaltigkeit: "Der Begriff der Nachhaltigkeit ist in unserer Wahrnehmung natürlich stark mit Ökologie verbunden, aber das Konzept als solches umfasst auch ökonomische und soziale Faktoren – und zwar als untrennbar miteinander verflochtener Dreiklang." Sind Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft im Gleichgewicht, geht der Fortschritt in einem dieser Bereiche nicht mit Raubbau an anderer Stelle einher. Nachhaltiges Wachstum setzt daher den schonenden Umgang mit diesen drei Ressourcen voraus – denn nur so können Unternehmen langfristig die Grundlage für weiteres Wachstum erhalten.
"Angewandt auf die Automatisierung bedeutet das, dass Prozesse im Unternehmen nicht nur schneller, günstiger und präziser werden können und sollten: Idealerweise profitieren auch die Umwelt und die Gesellschaft vom Einsatz der Maschinen. Und ja: Unter Gesellschaft fallen dabei insbesondere die Mitarbeiter. Die Automatisierung soll sie nicht bedrohen, sondern entlasten", fügt PAQATO-Gründer Michael Lüken hinzu. Gemeinsam mit seinem Team unterstützt er Onlinehändler und Fulfillment-Anbieter dabei, Kommunikationsprozesse rund um den Versand zu automatisieren.
"Bis zu vierzig Prozent der Kundenkommunikation dreht sich um eine einzige Frage: Wo ist mein Paket? Indem wir Prozesse wie das Verschicken von Status-Updates rund um den Versand automatisieren, helfen wir den Mitarbeitern, die Hände für Wichtigeres frei zu bekommen – und auch wieder mehr Sinn in dem zu finden, was sie tun. Denn ganz ehrlich: Wer möchte schon hundertmal am Tag dieselbe Frage beantworten, wenn das auch auf Knopfdruck geht?"
Wachstumsfaktor Beschleunigung: Warum an Automatisierung kein Weg vorbeiführt
Obgleich IT-Experten aus aller Welt längst daran arbeiten, die Automatisierung durch Künstliche Intelligenz auf ein neues Level zu heben: Noch denkt die Maschine nicht mit. Aus diesem Grund konzentriert sich die Automatisierung derzeit vor allem auf die Routinetätigkeiten, die immer nach ein- und demselben Schema ablaufen. Und genau darin besteht das vielleicht größte Wachstumspotenzial des Onlinehandels: Die Auftragsabwicklung umfasst eine Vielzahl organisatorischer Aufgaben, die auf Abfrage, Abgleich und Austausch von Daten basieren.
"Stimmen die Stückzahlen im Lagermanagementsystem mit den Angaben in den Onlineshops der Kunden überein? Welche Bestellungen sind bereits bezahlt und können auf den Versandweg gebracht werden? Und welche Picklisten können die Kommissionierer parallel bearbeiten – so, dass ihre Laufwege im Fulfillment-Center möglichst kurz ausfallen?", überlegt Michael Lüken. "All diese Schritte sind für reibungslose Abläufe im Fulfillment unerlässlich, aber wenn man bedenkt, dass es eigentlich nur um das Vergleichen und Erstellen von Listen geht, binden sie unverhältnismäßig viel Kapazität. Die Automatisierung solcher Prozesse ermöglicht es, ein Unternehmen mit minimalem Aufwand zu skalieren – denn mit der richtigen technischen Unterstützung können auch kleine Teams ein großes Auftragsvolumen bewältigen."
Je gezielter ein Unternehmen technische Lösungen nutzt, um Routinen zu automatisieren, desto effektiver können sich Mitarbeiter all jenen Aufgaben zuwenden, die wirklich nur ein Mensch übernehmen kann. Das ermöglicht es Unternehmen, die Kreativität, den Innovationsgeist und nicht zuletzt auch die Freude ihrer Mitarbeiter an der Arbeit als wertvolle Ressource zu erschließen und zugleich den Grundstein für nachhaltiges Wachstum zu legen.
Über unseren Interviewpartner Michael Lüken:
Michael Lüken ist Geschäftsführer von PAQATO und bietet mit seinem Unternehmen All-In-One Lösungen für personalisierte Kommunikation auf der Paketreise. Mit PAQATO legen moderne Händler die Kommunikation von Versandnachrichten nicht mehr in die Hände externer Versanddienstleister, sondern begeistern ihre Kunden auch auf der Paketreise.
Titelbild von Bill Oxford Weitere Bilder von Rajesh Kumar und ThisIsEngineering.