- 9. Februar, 2023
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- Tags: Vernetzung Schnittstellen Automatisierung
„Digitale Schnittstelle, das klingt im ersten Moment sehr viel komplexer als es eigentlich ist. Jeder von uns nutzt im modernen Arbeitsalltag viele verschiedene Software-Schnittstellen, nur nehmen wir sie zumeist nicht bewusst als solche wahr“, überlegt Sven Pohl.
Als Gründer von ProduktivSoftware, der Institution um den Schnittstellen-Concierge, hat er sich darauf spezialisiert, Fulfillment-Anbieter mit den Onlineshops ihrer Kunden zu vernetzen. Im Mittelpunkt dieser Aufgabe stehen Software-Schnittstellen, die den direkten Datentransfer zwischen den Unternehmen und damit die Automatisierung zahlreicher Arbeitsschritte ermöglichen.
Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Software-Schnittstellen funktionieren, wie sie miteinander verbunden werden und warum sie für zeitgemäßes Fulfillment unerlässlich sind.
Wie funktionieren Software-Schnittstellen? Eine kurze Einführung
Als Schnittstelle wird im technischen Fachjargon eine Verbindung zwischen zwei Systemen bezeichnet, die einen Austausch von Daten ermöglicht. Ihre Umsetzung kann sowohl physisch als auch rein digital erfolgen: Einerseits ist es möglich, verschiedene Geräte durch eine physische Verbindung im Bereich der Hardware, z. B. ein Kabel miteinander zu vernetzen, andererseits können auch verschiedenen Softwarelösungen über das Internet miteinander verbunden werden.
Software-Schnittstellen ermöglichen eine rein digitale Verbindung zwischen zwei Systemen, die grundsätzlich autark funktionieren: Sie brauchen einander nicht, um ihre zentralen Funktionen zu erfüllen. Sind sie jedoch miteinander vernetzt, ermöglicht der direkte Austausch von Daten sowohl die Beschleunigung bestehender Abläufe als auch die Entwicklung vollkommen neuer Workflows.
„Das USB-Laufwerk am Computer, das es uns erlaubt, Daten von einer externen Festplatte abrufen: Das wäre beispielsweise eine typische Hardware-Schnittstelle“, erklärt IT-Profi Dennis Both. Als Teil des Teams von ProduktivSoftware richtet er die Schnittstellen ein, die Fulfillment-Unternehmen mit den Onlineshops ihrer Kunden verbinden. „Da im Zuge der Digitalisierung zahlreiche Prozesse nur noch rein virtuell ablaufen, treten die physischen Schnittstellen allerdings immer mehr in den Hintergrund. Wenn wir unseren Kunden dabei helfen, Daten von einem System in ein anderes zu übertragen, nehmen wir den schnellsten Weg – und der führt übers Internet.“
Was bewirken Software-Schnittstellen im Arbeitsalltag?
Im Gegensatz zu physischen Interfaces ermöglichen Software-Schnittstellen einen Datenfluss, der vom Standort der beteiligten Geräte vollkommen unabhängig ist. Im Unternehmensalltag der Wirtschaft 4.0 dienen Software-Schnittstellen daher einem zweifachen Zweck. Zum einen ermöglichen sie die Zentralisierung von Datenflüssen nach innen.
Wenn alle Daten über Schnittstellen in ein- und derselben Datenbank zusammen laufen, können sie auch von dort wieder abgerufen werden – und zwar von allen mit dieser Datenbank vernetzten Programmen, ganz gleich, wo auf der Welt diese genutzt werden.
Zum anderen ermöglichen Software-Schnittstellen auch die schnelle Skalierung der Systeme. Dank der rapiden Entwicklung im Bereich der Cloud-Technologien sind die digitalen Schnittstellen so leistungsfähig wie nie zuvor. Das ermöglicht es Unternehmen, beliebig viele Programme aus der gleichen Datenbank zu speisen und selbstverständlich auch umgekehrt die Daten beliebig vieler Systeme an einer zentralen Stelle zu bündeln.
„Im Fall eines Fulfillment-Centers kann das beispielsweise bedeuten, dass im Lagermanagementsystem die Bestellungen aus den Onlineshops aller Händler zusammenlaufen, in deren Auftrag der Fulfillment-Anbieter tätig ist“, erklärt Sven Pohl. „Und ganz gleich, wie viele das sind: Jeder neue Kunde kann an dieses digitale System angebunden werden, ohne dass zusätzliche Hardware installiert werden muss. So kann das Unternehmen und seine digitale Infrastruktur unkompliziert wachsen.“
Welche Arten von Software-Schnittstellen gibt es?
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Unidirektionale Software-Schnittstellen
ermöglichen den Datenfluss in eine bestimmte Richtung: Eine Software liefert die Daten, die andere nimmt sie an. -
Bidirektionale Software-Schnittstellen
hingegen sind für einen Austausch zwischen den Systemen konzipiert. Zwar lassen sich auch diese Schnittstellen so programmieren, dass der Datenstrom nur in eine Richtung fließt, doch ermöglichen sie auch beidseitige Transfers.
Unabhängig davon, ob ein einseitiger Datenfluss oder ein beidseitiger Austausch stattfinden soll, können die Betreiber der beteiligten Softwarelösungen individuell bestimmen, auf welche Daten das jeweils andere System Zugriff erhalten soll. Da etwa ein Fulfillment-Anbieter eingehende Bestellungen aus den Onlineshops seiner Kunden abrufen muss, um die Sendungen auf den Weg zu bringen, erhält er über eine entsprechende Software-Schnittstelle Zugriff auf genau diese Daten. Informationen, die er für die Auftragsabwicklung nicht benötigt – beispielsweise die ebenfalls in der Datenbank des Shopsystems gespeicherte Kundenkartei des Unternehmens – kann er jedoch nicht aufrufen. Gleichzeitig liefert der Fulfillment-Anbieter etwa Tracking- oder Lieferinformationen, die an seinen Kunden weitergeleitet werden.
Datentransfer und Format-Übersetzung:
Die Kunst, Software-Schnittstellen miteinander zu vernetzen
Funktionierende Schnittstellen sind zwar die Voraussetzung für den Datenfluss, doch um sie zu nutzen, muss erst eine aktive Verbindung zwischen den Systemen hergestellt werden. „Die Ausgangssituation, in der sich unsere Kunden befinden, ist etwa so, als würde vor einem Hotel ein Taxi stehen“, erklärt Sven Pohl. „Der Kofferraum ist offen, die Eingangstür des Hotels auch – aber von allein bewegt sich das Gepäck der Kunden nun einmal nicht von A nach B. Genau hier kommen wir ins Spiel. Als Schnittstellen-Concierge organisieren wir gewissermaßen den Gepäckservice: Wir sorgen dafür, dass der Datenstrom fließt.“
Um diese Verbindung zwischen den einzelnen Software-Schnittstellen einzurichten, nutzt der Schnittstellen-Concierge sogenannte Middleware. Wie ihr Name bereits vermuten lässt, nimmt diese spezielle Software die Vermittlerposition zwischen den Systemen ein. Dabei dient sie allerdings nicht nur als Brücke, über die Datenpakete von einer Software-Schnittstelle zur anderen transportiert werden, sondern auch als Übersetzer.
„Wer schon einmal versucht hat, Daten aus einem Softwaresystem in ein anderes zu importieren, kennt das Problem: Die Systeme, die man im Arbeitsalltag miteinander verknüpfen möchte, sprechen oft nicht dieselbe Sprache“, erklärt Pohl. „Genauso verhält es sich auch bei den Schnittstellen. Das eine System gibt seine Daten im Excel-Format aus – aber die Schnittstelle des anderen Systems kann das nicht lesen und braucht stattdessen ein API-Format. In diesem Fall übernimmt der Schnittstellen-Concierge auch die Rolle des Simultandolmetschers: Wir wandeln die Daten in das jeweils benötigte Format um, sodass die Systeme trotz Sprachbarriere reibungslos miteinander kommunizieren können. Von SAP über Microsoft Dynamics bis hin zu individuell für das Unternehmen entwickelten Softwarelösungen: Wir übersetzen die Daten immer in genau das Format, das gerade gebraucht wird.“
Warum die Vernetzung über Software-Schnittstellen im Fulfillment 4.0 unerlässlich ist
Zeitgemäßes Fulfillment lebt von seiner Flexibilität – und von seiner Fähigkeit, mit dem raschen Wechsel der Trends und Sales im Onlinehandel Schritt zu halten. Das setzt jedoch effiziente Workflows und eine technische Infrastruktur voraus, die es Onlineshops und Fulfillment-Centern ermöglicht, auch große Datenmengen in Echtzeit auszutauschen.
„Um den hohen Ansprüchen gerecht zu werden, die Kunden an den Service im modernen Onlinehandel stellen, suchen die Händler gezielt nach Fulfillment-Partnern, die ihnen dabei helfen können, die Bearbeitungszeit ihrer Sendungen zu minimieren“, weiß auch Dennis Both. „Der Datentransfer in Echtzeit ist dafür unerlässlich. Verbinden wir beispielsweise über eine digitale Schnittstelle das System eines Onlineshops mit der Lagermanagementsoftware eines Fulfillment-Anbieters, können die Mitarbeiter im Fulfillment-Center eingehende Bestellungen in Echtzeit entgegennehmen – und plötzlich ist Same Day Fulfillment möglich, weil es nur noch zwei maximal zwei Klicks braucht, um die Bestellung direkt aus dem Onlineshop an die Kommissionierer weiterzuleiten – und in vielen Fällen läuft die Weiterleitung sogar ganz automatisch.“ Gleiches gilt im Übrigen auch für Tracking-Informationen und Lagerbestände. So ist der Kunde stets gut informiert und alle Abläufe entsprechen seinen Erwartungen.
Schnelle Skalierung dank einheitlicher Datenformate
Darüber hinaus erweist sich auch die Umwandlung der Datenformate im Fulfillment als besonders wichtiger Faktor. Jedes Fulfillment-Center arbeitet im Auftrag vieler verschiedener Kunden und muss dafür aus entsprechend vielen Onlineshops die Bestelldaten abrufen können. Die meisten Shopsysteme sind heutzutage zwar schon mit Software-Schnittstellen für genau diese Anbindung ausgestattet – doch die Datenformate, die sie benutzen, sind alles andere als einheitlich.
„Damit die Auftragsabwicklung so effizient wie möglich ablaufen kann, ist es umso wichtiger, dass Onlineshops und Fulfillment-Software reibungslos kommunizieren“, fügt Sven Pohl hinzu. „Unsere Kunden haben Besseres zu tun, als eingehende Daten in ein anderes Format zu bringen. Deshalb sorgen wir bei der Shop-Anbindung dafür, dass alle Bestellungen dasselbe Format haben, wenn sie im System des Fulfillment-Centers ankommen. Unabhängig davon, aus welchem Shop sie stammen: Die Daten sind sofort bereit für die Weiterverwendung – sei es beim Kommissionieren oder in der Buchhaltung.“
So ermöglicht der digitale Datenaustausch nicht nur die schnelle Kommunikation zwischen Fulfillment-Centern und Onlineshops, sondern auch die flexible Skalierung der gesamten Supply Chain. Das Ergebnis? Effektivere Logistik bei reduziertem Aufwand - dank strategisch eingesetzter Software-Schnittstellen. Und dank des Schnittstellen-Concierge, der reibungslose Abläufe im Fulfillment 4.0 gewährleistet.
Titelbild von fauxels. Weitere Bilder von Brett Sayles und pixabay.